Mitbestimmung als Pflicht des Betriebsrats

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Mitbestimmung ist generell nicht vorrangig ein „Recht“ des Betriebsrats. Ihr Zweck ist, dafür zu sorgen, dass Rechte, Ansprüche und Interessen der Arbeitnehmer im Betrieb richtig und angemessen umgesetzt bzw. vertreten werden.

Insofern ist es dem Betriebsrat auch nicht allein überlassen, darüber zu entscheiden, welche Mitbestimmungsaufgaben er wahrnimmt und welche nicht. In § 87 Abs. 1 BetrVG z. B. heißt es

Der Betriebsrat hat […] mitzubestimmen

§ 87 Abs. 1 BetrVG

Diese Formulierung deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber hier wenig Entscheidungsspielraum lässt: Wenn es in einem anderen Gesetz, etwa über zu zahlende Steuern, heißt „Der Steuerpflichtige hat Steuern zu zahlen“, dann will der Gesetzgeber damit ja auch nicht etwa sagen, dass der Steuerpflichtige Steuern zahlen darf, wenn er für das Geld keine bessere Verwendung hat. Er muss unbedingt Steuern zahlen. Demnach ist auch die entsprechende Formulierung im BetrVG ein eindeutiger Hinweis darauf, dass es sich hier nicht um ein Recht zur Mitbestimmung handelt, das der Betriebsrat nach freiem Ermessen wahrnehmen oder vernachlässigen kann. Vielmehr ist es die Pflicht eines Betriebsrats, seine Mitbestimmungsaufgaben im Interesse der von ihm vertretenen Arbeitnehmer zu erfüllen.

Zwar ist der Betriebsrat in seiner Geschäftsführung und der Wahrnehmung seiner Aufgaben frei, und ihm kann keine grobe Pflichtverletzung nachgewiesen werden (vergl. § 23 Abs. 1 BetrVG), wenn er einzelne Mitbestimmungsaufgaben vernachlässigt. Jedoch sollte jeder Betriebsrat sich darüber klar sein, dass seine wichtigste Aufgabe darin besteht, die Interessen der von ihm vertretenen Arbeitnehmer zu vertreten.

„Zwingende“ Mitbestimmung

Grundsätzlich kann fast jeder Sachverhalt auf dem Wege der Mitbestimmung geregelt werden. Durchsetzbar durch den Betriebsrat sind aber nur Regelungen über Sachverhalte, die im BetrVG als zwingende Mitbestimmungstatbestände benannt sind. Die Formulierung in § 87 Abs. 2 BetrVG:

Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

§ 87 Abs. 2 BetrVG

begründet die Erzwingbarkeit der Mitbestimmung. Entsprechende Formulierungen finden sich in folgenden weiteren Paragraphen des BetrVG:

  • § 91: Verstoß gegen menschengerechte Gestaltung der Arbeit;
  • § 94: Inhalt von Personalfragebogen, standardisierte Arbeitsverträge, Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze;
  • § 95: Aufstellung und Inhalt von Richtlinien über personelle Auswahl;
  • § 97 Abs. 2: Einführung von Maßnahmen zur Berufsbildung bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen;
  • § 98 Durchführung von Maßnahmen der beruflichen Bildung durch den Arbeitgeber;
  • § 112 Abs. 4: Sozialplan bei Betriebsänderung gem. § 111.

All diese Paragraphen beschreiben also Tatbestände zwingender Mitbestimmung, weil im Falle einer Nichteinigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat über den im jeweiligen Paragraphen beschriebenen Sachverhalt eine Einigungsstelle angerufen werden kann, die dann anstelle der Betriebsparteien eine verbindliche Einigung herbeiführt. Was der Inhalt dieser Einigung ist, ist dann natürlich Sache der Verhandlung in der Einigungsstelle.

„Freiwillige“ Mitbestimmung

Daneben sind auch Regelungen möglich, die nicht der zwingenden Mitbestimmung unterliegen. Das sieht § 88 BetrVG ausdrücklich vor. Arbeitgeber und Betriebsrat können sich also auch bei Fragen, die nicht in den oben aufgeführten Paragraphen genannt sind, über Regelungen verständigen.

Für solche Betriebsvereinbarungen gelten aber besondere Regeln, z. B. können sie nicht von einer Einigungsstelle durch einen sog. „Spruch“ entstehen, außerdem haben sie keine gesetzliche Nachwirkung.

Und für solche freiwilligen Regelungen gilt in besonderer Weise die Einschränkung, dass sie Arbeitnehmer nicht schlechter stellen dürfen, als sie ohne diese Regelungen stünden: Der Betriebsrat hat in diesen Fällen ja kein gesetzliches Mandat, mitzubestimmen. Deshalb würde einer verschlechternden Regelung die rechtliche Grundlage fehlen.

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