Welche Mitbestimmungsrechte werden außerdem in Office 365 berührt?

Das Hauptaugenmerk bei der Mitbestimmung über Office 365 liegt sicher bei der Arbeitnehmerüberwachung. Also bei Möglichkeiten der Verhaltens- und Leistungskontrolle gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG, § 75 Abs. 3 Nr. 17 BPersVG oder der entsprechenden Bestimmungen der Landespersonalvertretungsgesetze.

Datenschutz ist ein sehr relevantes Thema bei O365, aber Datenschutz an sich ist kein Gegenstand der Mitbestimmung. Bei der Ausübung der Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Arbeitnehmerüberwachung sollte man sich an Grundsätzen des Datenschutzes orientieren. Also Zweckbestimmungen, Umfang der Verarbeitung, Speicherdauer etc. regeln. Näheres dazu finden Sie hier.

Weitere Fragen, die der Mitbestimmung unterliegen können:

Personalfragebogen

Ein Personalfragebogen ist eine Sammlung von Fragen über Arbeitnehmer (oder auch Bewerber), unabhängig von der Art der Erhebung – ob auf Papier, elektronisch oder durch Befragung. Für das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts nach § 94 Abs. 1 BetrVG ist maßgeblich, dass die Arbeitnehmer identifiziert werden können. Anonyme Befragungen lösen in der Regel kein Mitbestimmungsrecht aus.

In Office 365 entstehen Personalfragebogen üblicherweise dann, wenn in Forms eine Umfrage oder ein Quizz erstellt wird. Andere Fragebogen könnten evt. in Power Automate oder mit den PowerApps erstellt werden.

Personalfragebogen unter Einhaltung der Mitbestimmungsrechte

Regelungen über ggf. verwendete Personalfragebogen können nur in einer Betriebsvereinbarung über O365 getroffen werden, wenn ein bestimmter Umfang von Fragebogen standardmäßig verwendet werden soll. Dies ist allerdings selten der Fall. Daher bestimmt man in der Betriebsvereinbarung eher, dass, sollte ein Personalfragebogen mit einer App von O365 erstellt werden, die Mitbestimmungsrechte des jeweils zuständigen Betriebsratsgremiums einzuhalten sind.

Gesundheitsschutz

Auf den ersten Blick mag es fraglich erscheinen, was Office 365 mit Gesundheitsschutz zu tun hat. In der 2016 neu gefassten Arbeitsstättenverordnung steht in Ziff. 6.5 Abs. 1 des Anhangs:

[Der Arbeitgeber] hat insbesondere geeignete Softwaresysteme bereitzustellen.

Anhand welcher Merkmale ein geeignetes Softwaresystem festgestellt wird, steht da allerdings nicht. Und auch eine ASR (Technische Regel zum Arbeitsschutz) wie es sie zu anderen Themen im Anhang der ArbStättV gibt, besteht zu diesem Thema (noch) nicht. Allerdings kann man sich an den Prinzipien der ISO 9241-110 orientieren, in der die Grundsätze der Usability (auf Deutsch: Gebrauchstüchtigkeit) beschrieben sind.

Natürlich erfolgt sofort der Einwand, dass Office doch ein seit vielen Jahren bewährtes und millionenfach verbreitetes Standardprodukt ist und nicht ernsthaft bezweifeln werden kann, dass die Usability nicht hoch entwickelt sei.

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Benutzerfreundlichkeit ist nicht zu vernachlässigen

Sicher investiert Microsoft einiges in die Benutzerfreundlichkeit seiner Produkte, und Word, Excel & Co. erfüllen gewiss hohe Ansprüche an die Usability. Aber dennoch lohnt ein Blick auf dieses Thema.

Z. B. wird durch O365 ein erheblicher Datenverkehr erzeugt, weil annähernd alle Aktivitäten über das Internet mit der Cloud erfolgen. Die Synchronisation der auf lokalen PCs gespeicherten Daten mithilfe der Synch-Apps z. B. erfolgt laufend. Wenn viele Anwender eine erhebliche Menge an Daten lokal synchronisieren, werden hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit des Internetzugangs gestellt. Ist der Datendurchsatz zu gering, gibt es Inkonsistenzen und Änderungskonflikte. Auch die Zusammenarbeit in Teams oder die gemeinsame Bearbeitung von Dokumenten läuft dann nicht mehr rund.

Auch die Gestaltung und inhaltliche Ausstattung von Websites mit Webparts kann mehr oder weniger gebrauchstüchtig sein. Manche Apps (z. B. Teams) sind in der Gestaltung nicht perfekt gelungen. Die Bedienelemente erscheinen willkürlich verteilt und die Benutzung erklärt sich nicht allen von selbst.

Digitalen Stress vermeiden

Vor allem aber sollten die Bedingungen, unter denen die O365-Produkte genutzt werden, kritisch betrachtet werden. Ich hatte an anderer Stelle schon auf die Untersuchung über „digitalen Stress“ („Prävention für sicheres und gesundes Arbeiten mit digitalen Technologien“) hingewiesen. Die Vielzahl der Kommunikationskanäle und der Speicherorte, die O365 anbietet, verführt dazu, auch alle zu benutzen. Weniger ist hier aber womöglich besser. Deshalb sollte man sich mit dem Arbeitgeber über Regeln verständigen, welche Instrumente auf welche Weise genutzt werden.

Z. B. wäre es nicht wünschenswert, wenn unterschiedliche Vorgesetzte Arbeitsanweisungen oder andere Mitteilungen auf unterschiedlichen Wegen an die Mitarbeiter weitergeben – das kann sonst zu Verwirrung und Unsicherheit führen.

Gefährdungsbeurteilungen können Abhilfe schaffen

Gefährdungsbeurteilungen sind das geeignete Instrument, um ggf. bestehende Mängel zu identifizieren und Maßnahmen zur deren Beseitigung zu entwickeln. Man kann z. B. Benutzer dazu befragen, welche Erfahrungen sie über die Arbeit mit O365 gemacht haben und welche Faktoren sie als störend oder hinderlich empfinden.

Ein weiterer Faktor ist ebenfalls von Bedeutung. O365 steht ja grundsätzlich immer und überall zur Verfügung – man kann im Büro am PC arbeiten, unterwegs oder zuhause am Notebook, man kann die mobilen Apps am Tablet oder Smartphone benutzen und damit jederzeit aktiv und erreichbar sein. Damit verschwimmt die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, und diese Grenze sollte unbedingt verteidigt werden.

Z. B. könnte eine Regelung in folgendem Sinne in die Betriebsvereinbarung über O365 aufgenommen werden:

Arbeitnehmer sind nicht verpflichtet, Nachrichten oder Mitteilungen, die sie außerhalb ihrer Arbeitszeit erhalten, zu lesen und auf sie zu reagieren. Ihnen dürfen keine Nachteile daraus entstehen, wenn sie auf solche Nachrichten oder Mitteilungen nicht reagieren. Führungskräfte haben die arbeitsfreien Zeiten der Arbeitnehmer zu respektieren.

Die Nutzung von Office 365 erfolgt grundsätzlich nur während der Arbeitszeit und ist Arbeitszeit. Ist beabsichtigt, Arbeitnehmer aufzufordern oder ihnen nahezulegen, Office 365 außerhalb ihrer Arbeitszeit zu nutzen, ist darüber mit dem Betriebsrat vorab eine Regelung zu treffen.

Die Parteien sind sich einig, dass die digitalen Kommunikations- und Kollaborationsmittel von Office 365 nicht als Ersatz persönlicher Kommunikation in Führungsprozessen verstanden werden, sondern die Zusammenarbeit unterstützen sollen. Rechtlich verbindliche Weisungen kann nur der jeweilige Vorgesetzte erteilen. Haben Mitarbeiter z.B. durch Projektarbeit oder die Arbeit in virtuellen oder Matrixorganisationen mehrere Vorgesetzte (z. B. disziplinarisch, fachlich, funktional) stimmen diese Vorgesetzten sich gemeinsam unter Verantwortung des disziplinarischen Vorgesetzten über die Benutzung eines Kommunikationskanals ab. Insbesondere haben die Vorgesetzten sich darüber abzustimmen, wie ggf. Prioritäten zu setzen sind, wenn ein Mitarbeiter mehrere Aufgaben/Funktionen/Rollen ausfüllt. Die Vorgesetzten sind verantwortlich, dass die Mitarbeiter eindeutige, widerspruchsfreie Anweisungen erhalten.

Schulungen

Office 365 ist ein komplexes und leistungsfähiges Produkt. Die Funktionsvielfalt ist für viele Benutzer überwältigend. Selbst seit langem bekannte Programme wie Word und Excel werden längst nicht von allen Anwendern so beherrscht, wie es für effizientes Arbeiten nötig wäre. Insbesondere SharePoint und OneDrive bieten zusätzlich sehr komplexe und umfassende Anwendungsmöglichkeiten, die man aber kennen muss, will man die Produkte richtig verwenden.

Schulungen sind wichtig

Deshalb sollte man als Betriebsrat bei der Einführung von O365 auch Wert darauf legen, dass die Anwender umfassend geschult werden, damit sie mit den verschiedenen Programmen und Apps gut zurechtkommen. Microsoft bietet eine Reihe von Schulungsvideos an, die verschiedene Funktionen erläutern. Darüber hinaus sollten aber in jedem Fall auch ganz klassische Schulungen stattfinden, bei denen die Anwender die Funktionen selbst ausprobieren können und jemanden haben, den sie bei Schwierigkeiten und Unklarheiten fragen können.

Ein Betriebsrat hat über die Durchführung von Schulungen weitgehende Mitbestimmungsrechte (§ 98 BetrVG). Diese betreffen nicht nur die Erstausbildung, sondern alle Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung, also auch die betriebliche Weiterbildung z. B. über Office 365.

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