Lästig, aber notwendig: Über jede Sitzung des Betriebsrats oder Personalrats muss ein Protokoll erstellt werden. Hier erfahren Sie, worauf Sie bei der Protokollführung achten müssen.
Gesetzliche Vorschriften und Regeln zum Protokoll
Über jede Sitzung („Verhandlung“) des Betriebsrats muss ein Protokoll angefertigt werden (§ 34 BetrVG). Die Frage ist, was der Gesetzgeber unter „Verhandlung“ versteht. In erster Linie sind damit Sitzungen des Betriebsrats und seiner Gremien gemeint.
Der Hauptzweck des Protokolls ist es, den Wortlaut gefasster Beschlüsse wiederzugeben. Daraus ergibt sich, dass Protokolle in jedem Fall von solchen „Verhandlungen“ angefertigt werden müssen, auf denen Beschlüsse gefasst werden können – also von ordentlichen Betriebsratssitzungen.
Bei Beratungen außerhalb der Sitzungen, Besprechungen mit dem Arbeitgeber etc. werden keine Beschlüsse gefasst, also ist ein Protokoll nicht vorgeschrieben. Es ist aber dennoch empfehlenswert, auch solche Besprechungen zu dokumentieren. So kann man später nachvollziehen, was da mit wem besprochen wurde.
Auch über Sitzungen von Ausschüssen sollen oder müssen Protokolle angefertigt werden. Sie müssen in jedem Fall erstellt werden, wenn der Ausschuss Beschlüsse fassen kann, weil ihm Aufgaben übertragen wurden. Das gilt auch für Arbeitsgruppen nach § 28a BetrVG.
Wenn der Betriebsrat eine Sitzung mit dem Sprecherausschuss (Vertretung der leitenden Angestellten) durchführt, fertigt jedes der Gremien ein Protokoll an. Die Gremien können sich auf ein gemeinsames Protokoll verständigen.
Ob auch von Monatsgesprächen und anderen Besprechungen mit dem Arbeitgeber Protokolle angefertigt werden, kann der Betriebsrat nach eigenem Ermessen entscheiden und z. B. in der Geschäftsordnung regeln. Empfehlenswert ist es, wenn häufig Streit darüber entsteht, wer in solchen Gesprächen was gesagt hat.
Gesetzliche Zwecke des Protokolls
Das Protokoll dient verschiedenen gesetzlichen Zwecken:
- Beweis über den Inhalt der gefassten Beschlüsse („Privaturkunde“),
- Nachweis über die Anwesenheit der Mitglieder,
- Nachweis über die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats.
Das Protokoll als Urkunde (§ 416 ZPO)
Durch die Unterschriften wird aus dem Protokoll ein Beweismittel, das als Beweis dafür dient, welche Erklärungen (also Beschlüsse) in der Betriebsratssitzung abgegeben wurden:
Privaturkunden begründen, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.
§ 416 ZPO
Urkunden sind besonders geschützte Dokumente:
Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
§ 267 StGB
Ein Protokoll zu verfälschen
- indem man (zur Täuschung, also absichtlich) etwas anderes hineinschreibt, als tatsächlich geschehen ist,
- indem man nach der Unterzeichnung etwas daran ändert,
ist eine Straftat.
Aber nicht allein der reine Wortlaut der Beschlüsse ist immer entscheidend. Bei Streitigkeiten vor Gericht oder auch bei internen Meinungsverschiedenheiten kann es notwendig sein, den „eigentlichen“ Willen des Betriebsrats zu ergründen. Das ist besonders dann zu erwarten, wenn der Wortlaut eines Beschlusses nicht ganz eindeutig ist. Deshalb ist auch die Diskussion wichtig, die zu einem Beschluss geführt hat, um ggf. den Willen des Betriebsrats zu interpretieren. Daher sollte ins Protokoll nicht nur der Wortlaut der Beschlüsse, sondern auch eine zumindest grobe Skizze des Verlaufs der Diskussion aufgenommen werden.
Vorgeschriebene Inhalte des Protokolls (§ 34 Abs. 1 BetrVG)
Ein Protokoll muss enthalten:
- den Wortlaut der gefassten Beschlüsse,
- die Stimmenzahl, mit der die Beschlüsse jeweils gefasst wurden (die Ja-Stimmen reichen aus, ggf. kann man Nein-Stimmen nennen, Enthaltungen gibt es nicht),
- eine Anwesenheitsliste,
- die Information, welche von der Anwesenheitsliste abweichende Zahl von Mitgliedern an einer Beschlussfassung teilgenommen hat.
Formvorschriften für das Protokoll (§ 34 Abs. 1 BetrVG)
Formvorschriften für das Protokoll:
- Das Protokoll muss schriftlich vorliegen (also nicht nur elektronisch, sondern auf Papier ausgedruckt).
- Es muss vom Vorsitzenden und einem weiteren Mitglied unterschrieben sein.
- Es muss um eine Anwesenheitsliste ergänzt werden, auf der jeder Teilnehmer sich eigenhändig einträgt.
Die Unterschriften unter dem Protokoll dienen dazu, zu bezeugen, dass das Protokoll korrekt ist. Das kann aber nur jemand tun, der auch dabei war. In § 34 Abs. 1 BetrVG ist deshalb mit dem „Vorsitzenden“ die Person gemeint, die in der Sitzung den Vorsitz innehatte.
Die eigenhändige Eintragung auf der Anwesenheitsliste ist vorgeschrieben. Eine Unterschrift ist nicht erforderlich, im Gesetz ist nur von einer eigenhändigen Eintragung in die Namensliste die Rede.
Am besten wird eine Liste mit den Namen vorbereitet, auf der jeder Teilnehmer neben seinen Namen sein Kürzel (oder eben seine Unterschrift) einträgt. Die Namensliste sollte nicht separat vom Protokoll aufbewahrt werden, weil sie ein Teil des Protokolls ist.
Fristvorschriften für das Protokoll
Es gibt keine Terminvorschrift für das Erstellen des Protokolls. Der Betriebsrat begeht also keine grobe Pflichtverletzung, wenn er Protokolle erst sehr spät – im Extremfall zum Ende seiner Amtszeit – erstellt. Es ist (zumindest nach meinem Wissen) noch kein Betriebsrat aufgelöst worden, weil er ein Protokoll nicht geschrieben hat. Aber es ist in keinem Fall empfehlenswert, das Protokoll viel später zu erstellen.
Allerdings könnte bei einem Rechtsstreit das Problem entstehen, Beweis über den Wortlaut eines gefassten Beschlusses führen zu können. Vor Gericht ist aber nicht erforderlich, ein Protokoll vorlegen zu können, wenn der Betriebsrat den Inhalt eines Beschlusses anders glaubhaft machen kann.
Das Protokoll sollte aber zu Beginn der nächsten Sitzung des jeweiligen Gremiums vorliegen. Protokolle von Ausschusssitzungen sollten bei der jeweils nächsten ordentlichen Betriebsratssitzung vorliegen. In einer Geschäftsordnung kann eine Frist für das Erstellen des Protokolls bestimmt werden.
Schriftführer(in)
Das Amt des Schriftführers ist im Gesetz nicht vorgesehen. Dieses Amt kann aber vom Betriebsrat festgelegt werden. Ansonsten kann die Aufgabe reihum verteilt werden. Der Schriftführer (meistens ja: die Schriftführerin) ist aber nicht automatisch die Sekretärin der/des Vorsitzenden!
Es ist auch nicht vorgeschrieben, dass nur Betriebsratsmitglieder das Protokoll schreiben dürfen. Wenn der Arbeitgeber eine Schreibkraft zur Verfügung stellt, darf sie das Protokoll auch schreiben – wenn der Betriebsrat damit einverstanden ist.
Es ist eine kollektive Aufgabe des Gremiums, dafür zu sorgen, dass die vorgeschriebenen Protokolle erstellt werden. Im Einzelfall hat die Geschäftsführung des Betriebsrats dafür zu sorgen, dass dies geschieht, also
- die/der Vorsitzende und/oder
- wo vorhanden, der Betriebsausschuss.
Einsichtnahme in das Protokoll
Alle Mitglieder des Betriebsrats haben ein Recht, alle Unterlagen des Betriebsrats einzusehen (§ 34 Abs. 3 BetrVG). Das gilt natürlich auch für Protokolle. Ersatzmitglieder haben dieses Recht dann, wenn sie die Stellvertretung für ein ordentliches Betriebsratsmitglied wahrnehmen.
Die Mitglieder des Betriebsrats haben keinen Rechtsanspruch auf ein jeweils eigenes Exemplar des Protokolls. Es ist aber zulässig, jedem Mitglied ein Exemplar auszuhändigen. Man kann das Protokoll natürlich auch z. B. als PDF-Datei auf einem Server ablegen, auf den alle Betriebsratsmitglieder zugreifen können.
In einem Protokoll werden häufig Sachverhalte behandelt, die nicht an Dritte weitergegeben werden dürfen oder sollen:
- persönliche Angelegenheiten im Rahmen personeller Einzelmaßnahmen,
- Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse,
- Diskussionen oder Beschlüsse, von denen der Arbeitgeber oder andere (zunächst) nichts wissen sollen.
Daher empfiehlt es sich, darauf zu achten, dass Protokolle nicht „herumvagabundieren“. Auf einem Server sollte man Protokolle nur ablegen, wenn man sicher ist, dass Unbefugte darauf nicht zugreifen. Auch der Versand per E-Mail ist aus diesem Grund nicht unbedingt zu empfehlen.
Weitergabe an andere
Wenn der Arbeitgeber an der Sitzung teilgenommen hat, muss ihm der Teil des Protokolls ausgehändigt werden, der den Teil der Sitzung wiedergibt, an dem der Arbeitgeber teilgenommen hat. (§ 34 Abs. 2 BetrVG) Der dem Arbeitgeber ausgehändigte Teil muss identisch mit dem entsprechenden Teil des Original-Protokolls sein.
Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch darauf
- das gesamte Protokoll,
- die Tagesordnung oder
- die Anwesenheitsliste
einzusehen.
Der Arbeitgeber hat keinen Anspruch darauf, Protokolle von Sitzungen, an denen er nicht teilgenommen hat, einzusehen. Der Betriebsrat muss dem Arbeitgeber grundsätzlich keine Tagesordnungen vorlegen. Der Betriebsrat ist ebenfalls nicht verpflichtet, den Arbeitgeber über Beschlüsse zu informieren, die den Arbeitgeber nicht betreffen (z. B. über die Bildung von Ausschüssen, interne Fragen etc.).
Für die Teilnahme von Gewerkschaftsvertretern gilt das gleiche wie für die Teilnahme von Arbeitgebervertretern: Ihnen wird der entsprechende Teil des Protokolls ausgehändigt. Auch hier darf es nicht zwei Versionen der jeweiligen Protokollteile geben.
Einwendungen gegen das Protokoll
Wenn jemand einen Einwand gegen das Protokoll hat, muss er den Einwand schriftlich geltend machen (§ 34 Abs. 2 Satz 2 BetrVG). Der Arbeitgeber, der Gewerkschaftsvertreter oder auch ein Betriebsratsmitglied kann einen Einwand erheben.
Der Einwand muss unverzüglich erhoben werden. Ein verspäteter Einwand ist unwirksam. Es muss dem Arbeitgeber möglich sein, das Protokoll in Ruhe zu lesen. Er hat sich des Protokolls aber umgehend (innerhalb von ein bis zwei Tagen) anzunehmen, nachdem er es erhalten hat.
Der Einwand wird dem Protokoll hinzugefügt. Das Protokoll muss dafür nicht geändert werden. Sollte es später Streit geben, muss ggf. das Arbeitsgericht klären, ob das Protokoll korrekt ist oder der Einwand berechtigt. Erfolgt kein Einwand, gilt dies als Zustimmung zum Protokoll.
Genehmigung des Protokolls
Es ist nicht erforderlich, dass das Protokoll durch irgendjemanden, z. B. dem Betriebsrat auf der nächsten Sitzung, genehmigt wird. Die Richtigkeit des Protokolls bezeugen die Unterzeichner mit ihren Unterschriften. Wenn jemand Einwände hat, kann er sie schriftlich erheben und zu Protokoll geben (§ 34 Abs. 2 BetrVG).
Es kann sinnvoll sein, zu Beginn einer Sitzung zu fragen, ob Fehler im Protokoll enthalten oder Ergänzungen notwendig sind, bevor das Protokoll ausgefertigt und unterschrieben wird. Ich rate aber davon ab, das Protokoll zu Beginn der Sitzung vorzulesen – das ist Zeitverschwendung. Änderungen nach der Ausfertigung und Unterschrift sind aber im Prinzip unzulässig
Sachmittel
Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat mit den Sachmitteln ausstatten, die der für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Aufgaben benötigt (§ 40 Abs. 2 BetrVG). Da Protokolle erstellt werden müssen, muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.
Als Sachmittel für Protokolle werden z. B. benötigt:
- Papier und Stift,
- PC mit aktueller Bürosoftware,
- Drucker oder die Möglichkeit, einen Drucker zu benutzen,
- Kopiergerät,
- Aufbewahrungsmöglichkeiten, z. B. Aktenschrank, Ordner etc.,
- geeignete Speichermedien.
Schutz der Protokolle
Protokolle enthalten Informationen, die Nicht-Betriebsratsmitgliedern nicht bekannt werden dürfen. In der Regel werden Protokolle am PC geschrieben. Daher muss der Arbeitgeber dem Betriebsrat ermöglichen, die Protokolle so zu speichern, dass Dritte keinen Einblick in die Dateien nehmen können.
Dieser Schutz kann so gewährleistet werden, dass der Betriebsrat einen PC erhält, der nicht im lokalen Netz arbeitet. Oder der Betriebsrat erhält separate Speichermedien (z. B. USB-Sticks), auf denen er Daten ablegen kann. Nur wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber und den IT-Administratoren vertraut, sollte er zulassen, dass Datenbestände auf Servern im Netz gespeichert werden.
Eigentum
Der Betriebsrat ist nicht Eigentümer der Protokolle und anderen Unterlagen, weil er keine juristische Person ist, die Eigentum erwerben kann. Das bedeutet aber nicht, dass der Arbeitgeber das Eigentum für sich in Anspruch nehmen und Einblick in die Unterlagen erzwingen oder sie gar in seinen Besitz nehmen kann.
Wenn der Betriebsrat sein Amt verliert, geht der Besitz an das nachfolgende Gremium über. Der Betriebsrat darf zum Ende seiner Amtszeit nicht Unterlagen vernichten, die das nachfolgende Gremium benötigt. Tut er dies dennoch, ist dies u. U. Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB).
Zu den Unterlagen, die der Betriebsrat seinem nachfolgenden Gremium hinterlassen muss, gehören alle Unterlagen, die über die Amtszeit hinaus von Bedeutung sind. Das sind vor allem:
- Protokolle,
- Betriebsvereinbarungen,
- schriftliche Unterlagen über Rechtsstreite,
- schriftliche Unterlagen über Einigungsstellen,
- u. U. Schriftverkehr mit dem Arbeitgeber etc.
Aufbewahrungsfristen
Es gibt keine gesetzliche Vorschrift über die Dauer der Aufbewahrung eines Protokolls. Man kann sich hier mit § 257 HGB behelfen: Demnach sind Handelsbriefe und andere für die Buchführung relevante Unterlagen (also z. B. Bilanzen, Rechnungen, Lieferscheine etc.) zehn bzw. sechs Jahre aufzubewahren. Protokolle des Betriebsrats sind zwar keine Handelsbriefe, aber mit den zehn Jahren hat man zumindest einen Anhaltspunkt.
Generell gilt: Die Unterlagen des Betriebsrats müssen so lange aufbewahrt werden, wie sie von Bedeutung sind. Betriebsvereinbarungen müssen z. B. so lange aufbewahrt werden, wie sie gelten.
Dort wird Ihnen praxisorientiert und mit praktischen Übungen vermittelt, wie Sie korrekt vorgehen, um gute Protokolle für den Betriebsrat oder Personalrat zu erstellen.